in: Vaihinger Kreiszeitung vom 11. Januar 2022
Volljährigkeit und was das für Jugendliche bedeutet – diesem Thema sind die Zehntklässlerinnen und Zehntklässler des Ökonomieprofils am Sachsenheimer Lichtenstern-Gymnasium (LGS) nachgegangen. In einer simulierten Online-Bankberatung erfuhren die Lichtenstern-Schüler viel über den Eintritt in die Volljährigkeit und in die „Selbstständigkeit".
Hatice Yildiz ist Jugendberaterin bei der VR-Bank Ludwigsburg eG, dem Bildungspartner der Schule. Täglich führt sie Bankberatungsgespräche mit jungen Menschen. Die Online-Beratung spielt dabei eine immer größere Rolle. Ein Beratungsgespräch mit 20 Schülerinnen und Schülern am Bildschirm war dann aber auch für die versierte VR-Bankerin eine neue Erfahrung.
Spannend war zunächst, ob die digitale Beratung überhaupt klappt, denn auch ein Schulnetzwerk lässt nicht zwingend jedes Online-Szenario zu. Doch die LGS-Netzwerker hatten das Setting im Griff und so konnten Schülerin Anastasia Kaya und Finanzberaterin Hatice Yildiz in ihr simuliertes Beratungsgespräch einsteigen. „Ich war schon aufgeregt, aber Frau Yildiz hatte es zu Beginn unseres Gespräches verstanden, ein angenehmes Gesprächsklima zu schaffen", meinte Anastasia Kaya im Anschluss.
Unterschriftsblatt und Vollmachten – dies waren die ersten Themen, die im Gespräch zu klären waren. „Oft scheuen sich Jugendliche, ihre Bankgeschäfte mit der Volljährigkeit zu regeln, aber ein paar wesentliche Dinge müssen schon sein und dazu zählt es zu klären, wer über die Konten zukünftig verfügen kann", so Hatice Yildiz. Eltern als Vertrauenspersonen sollten, wenn möglich, weiter über eine Kontovollmacht verfügen. Das kann gerade bei Auslandsaufenthalten in einem FSJ, als Au Pair, während eines Auslandssemesters oder auch bei sogenannten Work & Travel von Vorteil sein.
Erste Weichen werden gestellt
Wer eine Ausbildung oder ein duales Studium beginne, verfüge über ein regelmäßiges eigenes Einkommen. Welche Pläne hat man damit? Die eigenen Bedürfnisse sind noch nicht klar umrissen. Hätten Jugendliche aber schon eine Vorstellung von ihrer näheren Zukunft, könne das Gespräch mit einer Jugendfinanzberaterin helfen, erste Weichen zu stellen. „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not" ist dabei sicher etwas überspitzt formuliert, aber der Konsumverzicht heute eröffnet immer auch finanzielle Spielräume in der Zukunft. Da Sparen auch volkswirtschaftlich bedeutsam sei, fördere der Staat dies und Geringverdiener wie Azubis oder gar Studenten profitierten davon zumeist in voller Höhe, zum Beispiel in Form der Wohnungsbauprämie. Ein Bausparvertrag könne also auch in dieser Niedrigzinsphase eine attraktive Sparform sein. Hatice Yildiz sprach aber auch über alternative Sparformen. Anlagepläne über geringe monatliche Sparsummen in Fondsanteile oder ETFs, passiv verwaltete Indexfonds oder Exchanged trusted Fonds, könnten ein erster Schritt in den persönlichen Vermögensaufbau sein.
Krankheit, Berufsunfähigkeit oder gar Altersvorsorge sind Themen, die für Jugendliche zunächst weit entfernt scheinen. Hatice Yildiz näherte sich auch diesen Themen, sprach sie an, ohne ihre jugendliche Gesprächspartnerin zu überfahren. Die Lichtenstern-Schülerinnen und -Schüler stellten fest, dass die Finanzwelt recht kompliziert ist und dass man sich eigentlich schon früh mit Geld beschäftigt, ohne dass man es in jungen Jahren wirklich im Überfluss hat. Trotzdem waren alle im Raum aufmerksame Zuhörer, denn die ungewöhnliche Schulstunde vermittelte den Jugendlichen ein Gefühl, wie es ihnen mit 18 Jahren gehen könnte, wenn sie selbst volljährig sein werden. „Ich finde das toll, dass wir so etwas einmal miterleben konnten und dass Frau Yildiz ihre Beratungsleistung in diesem Unterrichtsrahmen eingebracht hat. Da wir uns auch gut vorbereitet hatten, haben wir viele Themen, Finanzprodukte und Zusammenhänge verstanden", meinte Schüler Robin Wannenwetsch.
Es geht um finanzielle Allgemeinbildung
Den Verantwortlichen des Ökonomieprofils am Lichtenstern-Gymnasium geht es mit solchen Expertengesprächen wie der Bankberatung um finanzielle Allgemeinbildung. Lehrer Timo Schuh formulierte es so: „Die Welt ist schnelllebig und kompliziert. Wir wollen unseren Schülerinnen und Schülern das Rüstzeug vermitteln, damit sie zukünftig als informierte Wirtschaftsbürger eigene Entscheidungen treffen und Verantwortung in unserer Gesellschaft übernehmen können." Eine große Unterstützung sind dabei lebendige Bildungspartnerschaften, in denen Schule und Betrieb zusammenwirken und Lernarrangements verwirklichen können, in denen Schülerinnen und Schüler im Schutzraum Schule Erfahrungen in der Berufs- und Arbeitswelt machen.