Förster wollte Reinhart Gronbach eigentlich werden, aber als Pazifist und Naturfreund „wollte ich keinesfalls Schießen müssen". Also studierte er Theologie, wurde Pfarrer und evangelischer Religionslehrer. Jetzt, wo der Schulleiter des Lichtenstern-Gymnasiums in Rente geht, kommt die Idee wieder zurück. Gronbach zieht mit seiner Frau in einem Jahr aus Sachsenheim in den Schwarzwald. „Dort könnte ich mir vorstellen, eine Art Naturausbildung zum Ranger oder so zu machen", so der 66-Jährige.
Zeit in Israel prägte die Lebensansichten
Seit 2005 ist Gronbach Schulleiter in Sachsenheim. Sein Theologiestudium hat ihn unter anderem nach Jerusalem geführt, wo er später auch an einer Ökumenischen Hochschule arbeitete. „Diese Zeit hat mich und meine Lebensansichten bis heute geprägt", sagt er. Neugierig und offen für Neues zu sein, tolerant und mutig zu sein, ohne Vorurteile auf Menschen zuzugehen – das seien die Werte, die sich in Israel bei ihm festgesetzt hätten. „Das Interesse am Menschen ist es, was mich dazu antreibt, Lehrer zu sein", sagt Gronbach.
Es sei ein Geschenk und ein Privileg, Kinder durch ihre Entwicklung begleiten zu dürfen. „Und festzustellen, es gibt auch noch eine Zeit nach der Pubertät", so Gronbach, dem es immer wichtig war, dass sich die Schüler zu verantwortungsbewussten Persönlichkeiten entwickeln. Gronbachs pädagogisches Motto: „Die Schule ins Leben stellen und das Leben in die Schule bringen". Deshalb hatte er bei seiner ersten Stelle am Evangelischen Schulzentrum Michelbach zwei neue Unterrichtsfächer entwickelt: Diakonie/soziales Lernen sowie Naturwissenschaft/Religion. Als Gronbach seinen Posten in Sachsenheim übernahm, war aus der reinen Mädchenschule ein koedukatives Gymnasium geworden. Ab 2002 wurden auch Jungs zugelassen, deshalb wurde neben dem Schlössle der Landfrauenschule, in der mittlerweile die Verwaltung und die Kursstufen untergebracht sind, ein modernes Schulgebäude gebaut. Neben dem Internat wurde aus dem Gymnasium eine der ersten Ganztagesschulen.
Aus damals 70 Schülern und 15 Lehrern sind heute 660 Schüler und 65 Lehrer geworden. „Ich finde, das ist schon eine Erfolgsgeschichte", sagt Gronbach. 80 Prozent der Kosten werden mittlerweile aus der öffentlichen Hand bezahlt, der Rest kommt von der Evangelischen Landeskirche sowie einem Elternbeitrag in Höhe von gerundet 200 Euro, in dem 95 Euro Schulgeld enthalten sind.
Gronbach verankerte das Profilfach Ökonomie an der Schule, das ab der fünften Klasse unterrichtet wird. Die Partnerschaft mit der lokalen Industrie, dem Handel, dem Gewerbe, der Wein- und Landwirtschaft ist ihm wichtig. „Unsere Schüler gehen Äpfel ernten, Wein lesen und analysieren regionale Gewerbegebiete, gehen zum Porsche-Ersatzteillager im Eichwald, um zu sehen, wie Logistik und Wirtschaften funktioniert." Nicht minder wichtig sei es, dass die Schüler sozial-diakonische Erfahrungen bei verschiedenen Praktika machen könnten und insbesondere die Musik an der Schule gepflegt werde.
Ein Meilenstein seiner Amtszeit sei auch das Forum Lechler, das mit Unterstützung regionaler Unternehmen und Stiftungen 2015 eröffnet werden konnte. Zugrunde liegt die Vision, einen Marktplatz für die drei gesellschaftlichen Bereiche Ökonomie, Kultur und Technik zu gestalten. Jeder Bereich hat seinen eigenen Raum, die sich zu interdisziplinären Projekten öffnen lassen.
Corona war eine Erschütterung der Seele
Des Weiteren ist Gronbach stolz auf die Digitalisierung seiner Schule, die vor allem Corona-Zeiten dafür sorgte, dass in der Sachsenheimer Schule ohne Weiteres Hybrid- und Fernunterricht erteilt wurde. „2015 haben wir in einer Nacht- und Nebelaktion alle Overhead-Projektoren entfernt, ohne die Lehrer zu informieren", sagt Gronbach.
Von heute auf morgen mussten die Lehrer mit Beamer und Dokumentenkameras arbeiten, einheitliche iPads für Lehrer und Schüler folgten dann in der Pandemiezeit. „Das war ein Riesenschub und beeinflusste auch die Didaktik und Methodik des Unterrichts", so Gronbach. Ein schönes Erlebnis für ihn war, als ein Fünftklässler, „einen Kopf kleiner als ich", sagte: „Herr Gronbach, jetzt habe ich Ihnen das mit dem Laptop dreimal erklärt, jetzt müssten Sie es doch verstanden haben". Beachtlich sei es, so Gronbach, wie eigenständig und selbstbewusst die Schüler seien, was die Digitalisierung betrifft.
Corona und der Ukraine-Krieg seien aber für viele Schüler „eine Erschütterung der Seele". Die „Wohlstandsblase" habe Löcher bekommen, das mache Vielen Angst. Auch der Flut der Medien müsse man trotz notwendiger Digitalisierung Einhalt gebieten, so Gronbach. „Es ist eine der großen pädagogischen Aufgaben, die Ängste der Schüler ernst zu nehmen und gleichzeitig Selbstvertrauen und Mut aufzubauen".
Noch ein Jahr lang kann Gronbach auf dem Schulgelände wohnen, dann geht es in den Schwarzwald, „zu neuen Ufern, was neues wagen", sagt er. Neben einer Ausbildung zum Naturbegleiter möchte er seiner Leidenschaft, der Literatur, frönen und mehr lesen. Zudem würde er gerne seine Hebräisch-Kenntnisse auffrischen „und dann mit meiner Frau eine lange Reise nach Israel machen".
Er freue sich darauf, den Termindruck und die Verantwortung loszuwerden. „Am ersten Schultag nach den Ferien werde ich beim Unterrichtsläuten auf meiner Terrasse sitzen, Kaffee trinken und es genieße, nicht los zu müssen", sagt Gronbach.
Info: Am Freitag, 15. Juli, 15 Uhr, gibt es eine offizielle Verabschiedung von reinhart Gronbach. Es werden viele persönliche Freunde und Vertreter aus Kirche, Stadt, Industrie, Handel da sein. Dr. Peter Leibinger, stellvertretender Vorsitzender der Gruppengeschäftsführung der TRUMPF GmbH Co. KG wird die Festrede halten. Anschließend findet ein großes Schulfest statt.
Text: Gabriele Szczegukski in: Bietigheimer Zeitung vom 13. Juli 2022
Bild: Oliver Bürkle