Evangelischer Kirchenbezirk Vaihingen-Ditzingen hat den Münchner Theologieprofessor Dr. Reiner Anselm zum Impulsvortrag für einen Gesprächsabend eingeladen.
„Happy birthday dem Protestantismus", gratulierte der Korntaler Pfarrer und stellvertretende Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Vaihingen-Ditzingen, Dr. Ulrich Wiedenroth, am Abend des Reformationstages in der Aula des Lichtenstern-Gymnasiums. Er erwarte eine „streitbare Geburtstagsfeier 505 Jahre nach der Reformation". Luther hätte dies und auch der Veranstaltungsort in der Schule gefallen.
Zum Impulsvortrag konnte der Münchner Theologieprofessor Dr. Reiner Anselm gewonnen werden, der Inhaber des Lehrstuhls für Systematische Theologie und Ethik an der Ludwig-Maximilians-Universität München ist. Sein Thema: „Welche Rolle kommt dem Protestantismus in aktuellen politischen Debatten zu?"
Christlicher Glaube sei immer auch politisch. Die persönliche Überzeugung und der persönliche Heilszuspruch sowie die Verantwortung für den Nächsten und das Gemeinwesen seien untrennbar aneinander gewiesen. Der Glaube setze eine Ordnung aus sich heraus, die als Kirche und politische Gemeinschaft umgekehrt wiederum den persönlichen Glauben stabilisiere, betonte der Theologieprofessor in seinem stark wissenschaftlich aufgebauten Vortrag.
Christsein sei immer durch das Ineinander einer individuellen, einer kirchlichen – also gemeinschaftsbezogenen -, und einer politischen Dimension des Glaubens geprägt. Es dürfe kein Zweifel daran bestehen, dass das politische Verantwortungsbewusstsein zur Signatur des Protestantismus gehöre.
Öffentlicher Protestantismus wende sich dabei auch gegen die Kirche. Das gelte immer dann, wenn sie konkrete „Policy-Fragen" mit der besonderen Autorität der Religion unterfüttere. Jede Verwischung von politischem Aktivismus und religiöser Bedeutung müsse den entschiedenen Widerspruch des öffentlichen Protestantismus motivieren.
Die Aufgabe der Kirche im Blick auf das Politische liege im Tradieren und Lebendighalten von Praktiken der Inklusion und dem Absorbieren des religionsähnlichen Potentials des politischen Aktivismus. Religionsunterricht, Gottesdienst und Präsenz im öffentlichen Raum dienten dieser Zielsetzung, sagte Reiner Anselm.