Am Lichtenstern-Gymnasium diskutierten Schüler und Experten darüber, wie sich Künstliche Intelligenz auf Schulalltag und Arbeitswelt auswirken wird.
Beim 21. Sachsenheimer Wirtschaftsgespräch drehte sich alles um die Auswirkung der Künstlichen Intelligenz auf Schule und Arbeitsleben. An der Diskussion waren neben Vertretern aus Bildungspolitik und Wirtschaft auch Schülerinnen und Schüler des Lichtenstern-Gymnasiums beteiligt Foto: Oliver Bürkle
Spätestens seit der Veröffentlichung von ChatGPT vor zwei Jahren ist klar: Künstliche Intelligenz (KI) ist auf dem Vormarsch. Längst hat sie auf unseren Smartphones als Spracherkennung Einzug gehalten, erstellt Bilder und Videos, steuert als Chatbot Kundenanfragen, erstellt Texte, steuert Logistikabläufe und vieles mehr. Was bedeuten die KI-Fortschritte für unsere Arbeitswelt und für das Lernen an der Schule? Darum ging es Mittwochabend beim 21. Sachsenheimer Wirtschaftsgespräch in der gut gefüllten Aula des Lichtenstern-Gymnasiums.
Auf dem Podium saßen dabei neben den Lichtenstern-Schülerinnen Kristin Grimm, Katharina Krug, Anastasia Linkert und Mitschüler Jonathan Buch zwei hochkarätige Experten: der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung Dr. Jens Brandenburg sowie Dr. Michael Scholz, Head of Device Factory am Siemens-Standort Karlsruhe. Durch den Abend führte BZ-Redaktionsleiterin Dr. Claudia Mocek.
KI verändert alles
Mit der Betrachtung vom Einfluss der KI auf Schule und Arbeitswelt war der Bogen weit gespannt. In ihren Antworten waren sich die beiden Experten unabhängig vom jeweiligen Bereich oftmals einig. Etwa, dass die KI alles verändern werde. Das sei keine Frage des ob mehr, sondern nur noch des wann und wie, sagte Bildungsexperte Jens Brandenburg. Für das Lernen eröffne dies neue Möglichkeiten, wie Bildungsexperte erläuterte. Etwa in Form von digitalen Lernhilfen, die sich auf Grundlage des individuellen Lernverhaltens und Wissens an das Lerntempo der Schüler anpassen. In den USA seien solche Programme bereits an Schulen im Einsatz, beispielsweise als interaktive Lernhilfe für Fremdsprachen, berichtete Brandenburg.
Dies habe zugleich eine soziale Komponente, weil so Schüler, deren Eltern sich keine Nachhilfe leisten können, bessere Bildungschancen hätten, wie der FDP-Politiker betonte.
Im Schulalltag werde es künftig neben dem verstärkten Fokus auf Grundfähigkeiten wie Rechnen. Schreiben und Lesen darauf ankommen „Zukunftskompetenzen" zu fördern: „Kreativität, Lösungsdenken, Teamarbeit", zählte Brandenburg auf. Hinzu komme die Fähigkeit, die KI-generierten Ergebnisse einzuordnen und auf Richtigkeit zu überprüfen, gerade auch in Hinsicht auf Fake News.
„Wir brauchen diese Kompetenzen und wie brauchen sie schnell", betonte auch Siemens-Manager Michael Scholz. Das gelte in der Industrie für alle Arbeitsbereiche und Qualifikationsstufen. Denn die Künstliche Intelligenz führe nicht nur in den sogenannten Blue-Collar-Jobs zu mehr Automatisierung und damit zu erhöhter Produktivität. Für diese sei die KI ein „Brandbeschleuniger", der nach Expertenmeinung zu einem exponentiellen Wachstum der Produktivität führen werde, so Scholz. Längst wirke sich das auch auf qualifiziertere Berufe aus, von Rechtsanwälten bis zu Ingenieuren.
Daraus entstünden aber auch Möglichkeiten, wie Scholz ausführte. Zum einen entlaste die KI die Menschen von langweiligen und zeitraubenden Tätigkeiten – etwa dem Schreiben von Protokollen bei Besprechungen: „Das macht heute ChatGPT bei uns. Das Protokoll ist praktisch mit Besprechungsende fertig", erzählte Scholz.
„Einfach ausprobieren"
Zum anderen eröffneten sich neuen Berufsfelder wie „Prompt Engineer" für ChatGPT, also spezialisierte Entwickler für diese Software. „Diesen Job gab es bis vor anderthalb Jahren gar nicht", betonte Scholz.
Von der Politik forderte Scholz angesichts des KI-Booms „nicht in Regelungs– und Bürokratiewahn zu verfallen", sondern proaktiv mit dem Thema umzugehen. Letzteres wünschte er sich auch von den Schülern: „Probieren Sie einfach aus."
Ein Appell, den auch Bildungsexperte Jens Brandenburg mehrmals am Abend an die Schülerschaft ebenso richtete wie an das Lehrerkollegium. Dass man damit durchaus auch intellektuell Spaß haben kann, erläuterte Brandenburg an einem persönlichen Beispiel: „Ich hab mir zu Weihnachten die Wärmepumpe im Daktylus erklären lassen.