Pressemeldung

Presse: Erinnerung an die NS-Zeit in der Stadt

von Michaela Glemser in : Bietigheimer Zeitung vom 23.10.202 / Foto: Martin Kalb

 

Schüler des Lichtenstern-Gymnasiums bereiten mit dem Stadtmuseum in den kommenden Wochen eine Ausstellung über die Zeit zwischen 1933 und 1945 vor.

 

Sie befragen Zeitzeugen, bauen ein 3-D-Modell des einstigen Krankenlagers, recherchieren über Opfer der Euthanasie aus der Stadt und organisieren eine Gedenkveranstaltung: Schüler der K1 des Evangelischen Lichtenstern-Gymnasiums widmen sich in den kommenden Wochen und Monaten in einem Seminarkurs dem Thema "Nationalismus in Sachsenheim" und arbeiten dabei auch eng mit dem Team des Stadtmuseums zusammen. "Ich war wirklich überrascht, wie groß die Anzahl der Schüler ist, die ab November 2026 für voraussichtlich ein Jahr im Stadtmuseum zu sehen sein wird", erklärt Museumsleiterin Dr. Claudia Papp.

 

"Zu wenig darüber gesprochen"

Auch der 89-jährige Zeitzeuge Gerhard Schweitzer aus Großsachsenheim, der die Zeit des Nationalsozialismus in seiner Jugend erlebt hat, findet das Engagement der Jugendlichen beachtlich. "Über dieses Thema wird oft zu wenig gesprochen. Es ist wichtig, dass vor allem die jüngere Generation von dieser Zeit erfährt. Wer es nicht erlebt hat, kann es manchmal nur schwer verstehen", sagt Schweitzer, der in der eigenen Familie hautnah die Kämpfe zwischen befürwortern und Kritikern des Nationalsolzialismus miterlebte.

Bereitwillig stellt er sich gemeinsam mit Siegfried Haag aus Großsachsenheim den Fragen von Katja, Jana und Emily. "Es ist toll, dass wir die Möglichkeit in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv und dem Stadtmuseum haben, Zeitzeugen zu befragen. Das macht die Erzählungen aus der damaligen Zeit viel lebendiger als nur in Büchern darüber zu lesen", sagt Katja. Die Gruppe ist auf der Suche nach weiteren Zeitzeugen und unterschiedlichen Materialien aus der NS-Kinder- und Jugendzeit und freut sich über zahlreiche Unterstützung aus der Bevölkerung.

Auf Hilfe aus der Sachsenheimer Bevölkerung setzen auch Mathilda und Louisa, die sich zwei unterschiedlichen Opfern der Euthanasie aus Kleinsachsenheim widmen. Mathilda forscht über die Geschichte von Veronika Ganz, die sich einer Zwangssterilisation unterziehen musste, weil ihr beispielsweise Fallsucht und manische Depression nachgesagt wurde.

 

Nachfahren gesucht

Louisa kümmert sich um Frida Hartmann, deren Familie im "Armenhaus" in Kleinsachsenheim lebte und wegen ihrer geistigen Behinderung in der Tötungsanstalt Grafeneck ermordet wurde. Für Frida Hartmann gibt es den bisher einzigen Stolperstein in Sachsenheim, und Louisa plant eine Gedenkveranstaltung. Beide Schülerinnen suchen Bürger, die ihnen etwas über das Leben der beiden Euthanasie-Opfer oder deren Familienangehörigen erzählen können. Jana studiert mit ihrer Gruppe im Staatsarchiv in Ludwigsburg in Akten von weiteren Opfern der sogenannten "Aktion T4", die aus Sachsenheim stammten, um mehr über deren Leben und Geschichte zu erfahren.

Marie wiederum hat sich dem Thema "Menschentests in der NS-Zeit" angenommen und recherchiert über die Gasbrand-Versuche im Frauenkonzentrationslager in Ravensbrück.

"Dieses Thema hat mich beim Besuch der Gedenkstätte des einstigen Konzentrationslagers Sachsenhausen während unserer Klassenfahrt sehr berührt" sagt Marie. Raphael Füllborn kümmert sich mit seiner Gruppe um die Geschichte des einstigen Krankenlagers auf dem heutigen Gelände des Zweckverbandes "Eichwald".

 

3-D-Modell des früheren Lagers

Auch ein 3-D-Modell des ehemaligen Lagers wollen die Schüler erstellen. "Ich finde es sehr wichtig, dass dieses Krankenlager in der Erinnerung der Öffentlichhkeit erhalten bleibt. Wir bemühen uns schon lange um die Aufstellung von entsprechenden Informationstafeln auf dem Gelände und hoffen, dass die Schüler jetzt vielleicht Bewegung in die Sache bringen", sagt Jutta Glöckle vom Verein für Heimatgeschichte.

Die Historie des Fliegerhorsts auf dem Eichwald-Gelände arbeitet Momo auf und sucht dafür auch Zeitzeugen, die ihr etwas über diese Geschichte und die Entwicklung des Flughafengeländes berichten können. "Es ist schön zu sehen, wie sich die Schüler engagieren. Es wird eine Herausforderung sein, alle Inhalte für die Ausstellung interessant , emotional und spanned aufzuarbeiten und zu präsentieren", so die verantwortlichen Lehrer Anke Söller und Timo Schuh.

Dabei kann den Schülern auch rege Unterstützung aus der Sachsenheimer Bevölkerung helfen - mit Dokumenten, Materialien oder berichten.

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