Gesamtlehrerkonferenz mal ganz anders
von Sabine Rücker in: Vaihinger Kreizeitung vom 9. April 2020
57 Daumen gehen hoch, als Schulleiter Reinhart Gronbach um ein Zeichen für die Anwesenheit bei der ersten digitalen Gesamtlehrerkonferenz im Rektorat des altehrwürdigen Internatsgebäudes am Lichtenstern-Gymnasium in Sachsenheim bittet.
Vom gesamten Schulkollegium wurde diese Gesamtlehrerkonferenz (GLK) mit Spannung erwartet. Schnell zeigte sich, dass zwei Wochen Schulschließung ausreichend waren, um das gesamte Kollegium mit den Segnungen der digitalen Welt in den Programmen „Teams" und „Zoom", via Telefon- oder Videokonferenz vertraut zu machen, berichtet die Schule.
Wie es am Lichtenstern-Gymnasium üblich ist, stimmte Schulleiter Gronbach mit einem kurzen geistigen Impuls ein und alle hatten das Gefühl, dass es gerade in dieser Zeit auch gar nicht anders sein konnte. Hölderlin und Bonhoeffer, denen in diesen Tagen besondere Beachtung zukommt, lieferten die Eröffnungsworte, die in diesen bizarren Zeiten Halt geben können.
Die Chronologie der außergewöhnlichen, digitalen Lernorganisation
Inhaltlich war die Schulschließung als Folge der Corona-Pandemie das bestimmende Thema der GLK. Während die Kursstufe schon seit Weihnachten mit „Teams" arbeitet, im Unterricht die eigenen Mobilgeräte einsetzt und somit Erfahrungen mit einem Lernmanagementsystem sammelte, musste die digitale Lerninfrastruktur für die Unter- und Mittelstufe erst noch ausgerollt werden. Nach einem arbeitsintensiven Wochenende für das Kollegium stand morgens am Schulschließungsdienstag bereits für alle Klassen ein Drei-Wochen-Plan mit Aufgaben in einem Cloudordner bereit. Den Zugang hatten die Eltern, die somit auch einen Überblick über den umfangreichen Aufgabenpool hatten.
In der zweiten Woche wurden, soweit noch nicht abgerufen, die Zugangsschlüssel zu LGS-Teams bereitgestellt und nun in der dritten Woche tauschen sich nahezu alle Schüler mit ihren Lehrern über „Teams" aus. Der Unterricht wird dabei nach dem Stundenplan erteilt. Das heißt, die Lehrer machen via „Teams" eine Abfrage der Anwesenheit, geben Anweisungen zu ihren Arbeitsaufträgen und stehen für Rückfragen im Einzel- wie im Klassenchat zur Verfügung. „Klar, dass da nicht immer alle Schülerinnen und Schüler dabei sein können, aber so geben wir denen eine Tagesstruktur, denen das wichtig ist. Das kann für Schüler, Eltern und Lehrer eine große Hilfe sein", meint Reinhart Gronbach. Die Rückmeldungen der Eltern in vielen E-Mails geben ihm recht. Die ungewöhnliche GLK diente selbstverständlich auch dem Austausch von Erfahrungen. Im intensiven Dialog mit Lehrern und Elternvertretern hatte Krisenmanager Gronbach mit seinen Netzwerkern eine Lerninfrastruktur gezimmert, die stetig verfeinert, weiterentwickelt und dabei immer leistungsfähiger wurde. Innerhalb des Kollegiums wurden Lerntutorials oder auch Digitalsprechstunden abgehalten und das Kollegium nahm die kollegiale Hilfe dankbar an.
Der Schulleiter vermisst die ausgelassene Stimmung und das pulsierende Schulleben
Wie vielschichtig die Veränderungen in der Schule sind, wurde im weiteren Verlauf der GLK deutlich. Frühlingsball und Frühjahrskonzert fallen aus, das Abitur ist mit Korrekturen und fachpraktischen Terminen in Bildender Kunst, Sport und den veränderten mündlichen Prüfungen ganz neu zu planen, der SMV-Sponsorenlauf muss verschoben werden und die Durchführung der 14. Sachsenheimer Lichtenstern-Tour ist ungewiss. Ein neuer Klassenarbeits- und Klausurenplan muss erstellt sowie Klassenpflegschaften neu konzipiert werden und am geplanten Betriebsausflug findet Unterricht statt. Man darf gespannt sein, welche Veränderungen die Corona-Pandemie noch mit sich bringen wird, heißt es in der Mitteilung der Schule.
Reinhart Gronbach ist froh, wenn Schule wieder im Normalbetrieb möglich ist. Denn so gewaltig der Transformationsschub zur digitalisierten Schule auch sein mag und so gut das gesamte Lernpaket für diese drei Wochen Schulschließung auch geschnürt wurde, er vermisst die ausgelassene Stimmung und das pulsierende Schulleben, das gerade jetzt nach einem regenreichen Winter die Sachsenheimer „Schule im Park" ausmacht.
„Alles wirkliche Leben ist Begegnung", zitiert Gronbach den jüdischen Religionsphilosophen Martin Buber und bringt damit zum Ausdruck, was eine lebendige Schulgemeinschaft, aber auch das gesamte gesellschaftliche Leben ausmacht. Die Realität könnte eine andere sein, wenn man die jüngsten Äußerungen von Kultusministerin Eisenmann bedenkt. Dann wäre ein funktionsfähiges digitales Lernmanagementsystem am LGS implementiert.
Die Hoffnung indes ist groß, dass die Schule bald wieder analog stattfinden kann und dabei „durch die neuen digitalen Strukturen einen nachhaltigen pädagogischen Mehrwert erfährt", so Schulleiter Reinhart Gronbach.
Die Eröffnungsworte aus der Gesamtlehrerkonferenz:
„Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch." (Friedrich Hölderlin)
„Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen." (Dietrich Bonhoeffer)